Mitsegler-Tipps für das Verhalten auf See

Die Sicherheit an Bord ist oberstes Gebot. Und damit nichts passiert, sind bestimnmte standardisierte Verhaltensweisen einfach eine notwendige Routine, auch wenn sie im konkreten Fall eigentlich überflüssig oder übertrieben erscheinen mögen. Hier findet ihr wichtige Punkte für das Verhalten an Deck, wenn wir auf See sind.

Hier die Themenliste der angesprochenen Punkte:

    1. Wache
    2. Luken dicht
    3. Lifebelts I
    4. Lifebelts II
    5. Barfuß an Deck
    6. Außerhalb des Cockpits
    7. Segel setzen
    8. Leinen-Bedienung I
    9. Leinen-Bedienung II
    10. Leinen-Bedienung III
    11. Rudergehen I
    12. Rudergehen II
    13. Rudergehen III
    14. „Unseemännisch“

1.) Wache

Falsch: Wenn man Wache hat, sich unter Deck verkrümeln oder sich gar in die Koje zum Pennen zurückziehen. Auch falsch: wenn man keine Wache hat, gut gemeint aber ungefragt in die Aufgaben der Wache reingrätschen (wie sollen die Unerfahrenen das Segeln lernen, wenn immer einer daherkommt und einem die Arbeit wegnimmt?).
Richtig: Wir segeln bei der RYA mit einem festen Wachplan, der unter Deck aushängt. Darin ist klar geregelt, wer wann Wache und Freiwache hat. Die Wache (und nur die Wache) segelt das Schiff. Wer von der Wache gerade nicht Ruder geht, hat trotzdem keine Freiwache – auf Wache ist man in der Regel an Deck, bereit zum Bedienen der Segel! Die Freiwache ist für Backschaft zuständig, macht bei All-Hands-Manövern mit (Anlegen, Segel setzen), und ruht sich ansonsten für die Zeit aus, wenn sie mit Wache dran ist.
 

2.) Luken dicht

Falsch: Auf See die Luken offenlassen. Ein Tritt in die Öffnungen bewirkt böse Verletzungen. Leinen verhaken sich. Und Wasser kann eintreten (mit Salzwasser nassgewordene Polster bekommt man praktisch nicht mehr trocken!).
Richtig: Luken schließen gehört zur Routine beim Seeklar-Machen des Schiffs. Auf See die Decksluken geschlossen halten. Ausnahme: die seitlichen Luken im Decksaufbau (nicht die in der Bordwand!) können bei moderaten Bedingungen zur Belüftung geöffnet werden, unter Maschine auch die in der Decksfläche (aber nur angestellt und nie aufgeklappt, damit niemand reinfallen kann!)
 

3.) Lifebelts I

Falsch: Den Lifebelt anziehen, aber die Lifeline nicht einpiecken. Ist zwar bequem – aber der Lifebelt nutzt so nix!
Richtig: Wenn Lifebelts angesagt sind (immer nachts, tags auf Befehl des Skippers), dann sind an Deck die Lifebelts nicht nur zu tragen, sondern auch einzupiecken. Außerhalb des Cockpits und innerhalb! 
 

4.) Lifebelts II

Falsch: Sich an der Reling einzupiecken ist sehr bequem – aber die Relingsdrähte sind nicht dafür ausgelegt, einen von Bord fallenden Mann zu halten. Und so weit draußen an der Deckskante eingepiekt fällt es sich auch leicht außenbords, selbst wenn die Verbindung zwischen Mann und Schiff halten sollte. Ganz ungeeignet als Einpiek-Punkt: alle laufenden Leinen (Schoten, Genua-Reffleine etc.) und der Großbaum – denn die können sich abrupt bewegen und so einen Unfall direkt herbeiführen!
Richtig: Möglichst mittschiffs einen Einpiek-Punkt suchen (Steuersäule, Handläufe an Deck, Augen am Mast, zur Not auch Heck-/Bugkorb). Wenn der Karabiner für die dicken Rohre nicht weit genug aufgeht: Lifeleine um das Rohr herumlegen und den Karabiner in die Lifeline selbst einpieken (also mit der Leine ein Auge bilden, durch das das Rohr läuft).
 

5.) Barfuß an Deck

Falsch: Gerade in südlichen Gefilden ist es natürlich schön, barfuß zu segeln. Nur: es gibt an Deck so viele Stolperfallen, an denen man sich die Zehen anhauen kann – und wenn es feucht wird (Tau, Regen, Spritzwasser), rutscht man auf dem GFK ganz plötzlich aus.
Richtig: Wer Wache hat, muss richtig einsatzfähig sein – und deswegen Schuhe anhaben. Auch zum Anlegen (All-hands-Manöver) sind Schuhe Pflicht. Aber auch sonst sind Schuhe an Deck empfehlenswert…
 

6.) Außerhalb des Cockpits

Falsch: Das Deck außerhalb des Cockpits ist kein guter Platz zum Rumstehen oder Rumlaufen. Wenn das Schiff bockt (kommt auch bei ruhigem Wetter immer mal wieder vor, etwa durch den Schwell anderer Schiffe) besteht die Gefahr, von Bord zu fallen. Oder der Großbaum (bzw. die Genua) schlägt plötzlich über und verletzt einen am Kopf oder fegt einen von Bord.
Richtig: Außerhalb des Cockpits immer Vorsicht walten lassen: sich immer irgendwo festhalten (sich vor- und zurückhangeln), tiefe Gangart (je ruppiger desto tiefer), Achtung auf den Großbaum (vor allem auf Vorwind-Kursen) und die Genua.
 

7.) Segel setzen

Falsch: Ja, Segel setzen braucht Muckis, und je weiter das Segel hochsteigt, desto mehr. Aber: wenn es von Anfang an schwer geht oder plötzlich der Widerstand zunimmt, dann ist in der Regel etwas nicht in Ordnung (Reffleine zu, Fall hinter die Saling geschlagen, Latte hängt an der Dirk, etc) – und dann macht Durchsetzen mit Gewalt nur das Segel kaputt.
Richtig: Segel setzen mit Gefühl! Wenn das Segelsetzen von Anfang an unüblich schwer geht oder plötzlich der Widerstand zunimmt: innehalten und erst checken, was da nicht in Ordnung ist.
 

8.) Leinenbedienung I

Falsch: Hebelklemmen, die den Druck von Fallen oder Reffleinen halten, ohne Absicherung öffnen.

Richtig: Unkontrolliertes Ausrauschen verhindern und vor dem Öffnen der Hebelklemme die Leine über eine Winsch sichern.
Hinweis: Vor dem Fieren die Leine klarlegen, damit sie ohne Probleme rauslaufen kann!

9.) Leinenbedienung II

Falsch: Beim Fieren einer Schot oder eines Falls einfach unkontrolliert loslassen und damit einen Überläufer auf der Winsch produzieren!
Richtig: Kontrolliert fieren, Meter für Meter. Soll die Leine schnell ausrauschen (z.B. Vorschot in der Wende), erst einige Umdrehungen von der Winsch nehmen (dabei aber aufgepasst: die Leine mit genügend Abstand zur Winsch halten, damit Hände/Finger bei rutschender Leine nicht in die Winsch reingezogen werden. Echt gefährlich!).
 

10. Leinenbedienung III

Falsch: Leinen nach dem Dichtholen einfach unaufgeräumt rumliegen lassen. Im Cockpit bringt das Chaos, und an Deck liegende Leinen können ins Wasser fallen. Wenn man die Leinen dann plötzlich braucht, dauert es viel zu lange, wenn man erst die Wuhling klarieren muss. Auch falsch: im Einsatz befindliche Schoten mit Kopfschlag auf der Klampe belegen oder in einem festen Bunsch aufschießen – das Aufmachen dauert dann zu lange, wenn man die Schot schnell fieren muss.
Richtig: Leinen nach der Bedienung immer gleich wieder klarieren – Deck und Cockpit bleiben ordentlich aufgeräumt und die Leinen sind wieder klar zum Einsatz. Besonders gerade aktive (Vor-) Schoten immer klarhalten zum blitzschnellen Fieren!
 

11.) Rudergehen I

Falsch: Als Rudergänger sich nur darauf zu konzentrieren, den befohlenen Kurs zu halten – und sich ansonsten nicht groß um das Drumherum zu kümmern.
Richtig: Der Rudergänger hat zwei(!) zentrale Aufgaben: (1) Kurs halten und (2) Ausguck halten. Also nicht nur auf den Kompass (oder die Peilmarke oder das Genuavorliek) gucken, sondern auch aufmerksam die Umgebung beobachten: andere Schiffe die uns zu nahe kommen könnten, Hindernisse auf dem gesteuerten Kurs, Windrichtungs-Änderungen, etc.. Bei Unklarheiten immer den Skipper oder Wachführer aufmerksam machen – lieber 10x zu oft als 1x zu wenig! 
 

12.) Rudergehen II

Falsch: Wenn wir unter Autopilot laufen, sich als Rudergänger auf Freiwache wähnen und den Autopilot einfach machen lassen – und die Ausguck-Aufgabe vergessen (fragt mal nach unserem Marmaris-Malheur!)
Richtig: Auch wenn der Autopilot leicht zu Nachlässigkeit verführt: Ausguck ist eine zentrale Aufgabe des Rudergängers, auf die er sich auch unter Autopilot konzentrieren muss!
 

13.) Rudergehen III

Falsch: Wenn beim Fahren unter Autopilot plötzlich Kursänderungen notwendig werden (etwa weil wir Ausweichen müssen oder weil der Autopilot aus dem Kurs läuft), einfach ins Rad greifen. Solange der Autopilot aktiv ist, kann man mit dem Rad nur die Ruderanlage beschädigen, aber nicht den Kurs ändern!

Richtig: Als Rudergänger muss man sich bei Fahrt unter Autopilot immer klarmachen:

  • Wo ist das Bedienteil des Autopiloten – und wie komme ich da im Fall des Falles schnell hin?
  • Welchen Knopf muss ich drücken (der STANDBY-Knopf deaktiviert den Autopiloten!) und wo ist der? 

14.) „Unseemännisch“

Falsch: Aus der Erfahrung von vielen Generationen von Seglern haben sich bestimmte Verhaltensweisen als „seemännisch“ bzw. als „unseemännisch“ herauskristallisiert. Auch wenn der Grund nicht immer unmittelbar einsichtig ist: die Erfahrung hat gelehrt, was zur Sicherheit beiträgt und was eher Gefahren mit sich bringt. Wenn Euer Skipper also etwas als „unseemännisch“ bezeichnet, dann lässt man das besser bleiben – es lohnt nicht, darüber zu diskutieren!
Richtig: Beispielhaft hier ein paar Regeln und Konventionen für seemännisches Verhalten:
  • Auf See hängt nichts außenbords: keine Beine, keine Leinen, keine Fender etc.
  • Baden auf See nur mit geborgenen Segeln und Schwimmleine am Heck (auch bei totaler Flaute!)
  • Den Rudergänger nicht alleine lassen – ein Mann muss immer noch zusätzlich an Deck sein
  • Gesprochene Rudergänger-Kommandos werden quittiert („030! – 030! – 030 liegt an!“)
  • Das Rudergänger-Kommando „recht so“ (Handzeichen: Faust/Ellenbogen schlägt nach unten) bedeutet: der im Moment anliegende Kurs soll weitergesteuert werden
  • Bei Rudergänger-Wechsel wird der Rudergänger-Auftrag übergeben und quittiert (Beispiele: „030 übergeben / 030 übernommen“; „hoch am Wind übergeben / hoch am Wind übernommen“; „grün an StB übergeben / grün an StB übernommen“)
  • Kurse werden 3-stellig gesprochen und geschrieben (ohne Gradzeichen), Uhrzeiten 4-stellig geschrieben (im 24h-Format, ohne Doppelpunkt); Ost wird Ooost gesprochen und E geschrieben. Format für das Durchsagen von Positionen: x Grad x,x Minuten Nord, x Grad  x,x Minuten Ooost